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Bilanz-Pressemitteilung der Jahreskonferenz 2025
Pressemitteilung 10.2.2025
„Die Kunst kann uns retten!“
Für ein solidarisches Erinnern und das Entwerfen einer gerechten Gesellschaft
Unter dem Titel „remember – resist – represent. Über Solidarität und Haltung in polarisierten Zeiten“ veranstaltete die Dramaturgische Gesellschaft e.V. ihre Jahrestagung 2025 in Nürnberg.
Besucher*innenrekord und begeisterte Rückmeldungen
Mit einer Rekordzahl von über 300 Teilnehmer*innen, 70 Mitwirkenden und 14 kooperierenden Institutionen und Förderern umkreiste ein dichtes Tagungsprogramm die Themen einer multiperspektivischen Erinnerungskultur und Möglichkeiten des antifaschistischen Widerstands in Kunst und Theater. Erstmals wurde die Tagung vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.
Die Teilnehmenden zeigten sich begeistert von der offenen Gesprächsatmosphäre und den ermutigenden Denkanstößen auf der Konferenz. Auf Podiumsdiskussionen, in Workshops, Lecture Performances, Installationen, Autor*innen- und Komponist*innengesprächen waren Expert*innen aus Wissenschaft, Kunst und Theater, Aktivismus und Gedenkstättenarbeit vertreten, u.a. Mohammad Al Attar, Ibrahim Arslan, Aljoscha Begrich, Sivan Ben Yishai, Holger Bergmann, Wojtek Blecharz, Danielle Brathwaite-Shirley, Chana Dischereit-Freundlich, Mike Dele Dittrich Frydetzki, Özlem Özgül Dündar, Vala T. Foltyn, Akim Gubara, Katie Hawthorne, Heinrich Horwitz, Miriam Ibrahim, Leon Kahane, Hans Werner Kroesinger und Regine Dura, Konstantin Küspert, Stella Leder, LIGNA, Martina Mittenhuber, Vanessa Amoah Opoku, Nico Parisius, Fabian Raith, Colette Schmidt, Anno Schreier, Arne Semsrott, Lisa Sommerfeldt, Stephan Trüby, Tanja Thomas, Martín Valdés-Stauber, Arne Vogelgesang, Hans-Joachim Wagner, Julian Warner, Mirjam Zadoff u.v.m.
Die Erinnerungsarbeit nicht der Politik überlassen
Auf der abschließenden Podiumsdiskussion der Jahrestagung am Sonntagmittag in der Nürnberger Tafelhalle formulierten Jens-Christian Wagner, Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Schriftstellerin Lena Gorelik, Caspar Weimann von onlinetheater.live und Ibou Diop, Literaturwissenschaftler und Kurator, Ideen und Vorschläge für eine Neugestaltung der Erinnerungsarbeit aus der Kunst und Kultur heraus. Wagner betonte, dass es statt einer ritualisierten Erinnerungskultur aus der Politik eine quellenbasierte kritische Reflexion und Aufarbeitung bedürfe, um Parallelen zwischen Vergangenheit und Gegenwart ziehen und aus ihnen lernen zu können. Gegen den Begriff der Erinnerungskultur setzte Lena Gorelik den der Erinnerungsarbeit, die auch unangenehm und mühevoll ist. Caspar Weimann rief die Theaterschaffenden dazu auf, die Digitalität, insbesondere Social Media-Plattformen, als „größte Bühne der Welt“ zu bespielen und nicht der Neuen Rechten als Propaganda- und Radikalisierungsmaschine zu überlassen. Und Ibou Diop formulierte, dass Erinnerungskultur zwar politisch sei, aber mit ihr nicht Politik gemacht werden dürfe und dass die Kunst und die Zivilgesellschaft diese Praxis daher nicht der Politik überlassen dürfe: „Politik hat momentan die Tendenz, Gesellschaft homogenisieren zu wollen – und das ist gefährlich für uns. Nur die Kunst kann uns retten. Kunst hat die Möglichkeit, Gesellschaften zu entwerfen. Sie sagt nicht nur, was ist, sondern, was sein könnte.“
Rote Linien ziehen und Diskursräume verteidigen
Alle vier problematisierten die Formel des „Nie wieder“, welche inhaltsleer zu werden drohe, wenn nicht darüber gesprochen wird, was nie wieder geschehen soll – und wenn keine Vorstellung von einer Gesellschaft der Zukunft entworfen werde. „Das ‚Nie wieder‘ beantwortet nicht die Frage, was wir geworden sind und wie, und auch nicht, was wir in der Zukunft sein und wie wir miteinander leben möchten“, so Wagner. Die Kunst- und Theaterschaffenden hätten die Verantwortung, sowohl rote Linien gegenüber rechten Narrativen und Praktiken zu ziehen, als auch ihre etablierten Räume sowie die Großstädte zu verlassen und sich auf die Menschen außerhalb der eigenen Blase einzulassen. Die Räume der Kultur müssen als Orte des Diskurses verteidigt werden, in denen Menschen sich die Antworten auf die Fragen nach dem zukünftigen Zusammenleben gemeinsam erarbeiten.
Neuzugänge im Vorstand
Auf der Mitgliederversammlung am Sonntagvormittag wurde Esther Holland-Merten erneut zur Vorstandsvorsitzenden gewählt. Auf eigenen Wunsch schieden Beata Anna Schmutz und Kathrin Bieligk aus dem Vorstand aus, Irina-Simona Bârcă und Hannah Lioba Egenolf wurden als neue Vorstandsmitglieder gewählt. Wieder bestätigt im Vorstand wurden Antigone Akgün, Kerstin Grübmeyer, Jasmin Maghames und Michael v. zur Mühlen.
Gastgeber der Jahrestagung war das Staatstheater Schauspiel Nürnberg. Weitere Kooperationspartner waren die Nürnberger Tafelhalle, die Stadt Nürnberg mit der Stabsstelle Ehemaliges Reichsparteitagsgelände und das Festival Musik Installationen Nürnberg, das Memorium Nürnberger Prozesse sowie überregional das Theater Dortmund mit der Akademie für Theater und Digitalität Dortmund, die Heinrich-Böll-Stiftung, das Deutsche Zentrum des Internationalen Theaterinstituts (ITI), die Körber-Stiftung, der Verband Deutscher Bühnen- und Medienverlage, das Kleist-Forum Frankfurt/O. Gefördert wurde die Tagung außerdem vom Deutschen Bühnenverein mit seinem Landesverband Bayern und dem Landesbühnenausschuss. Medienpartner war „Die Deutsche Bühne“, das Magazin des Deutschen Bühnenvereins.