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Kleine Gesten und große Bewegungen der Solidarität

„Vorwärts und nicht vergessen,
Worin unsere Stärke besteht!
Beim Hungern und beim Essen,
Vorwärts und nie vergessen: die Solidarität!“

In Gent erinnerten wir uns an kleine Gesten und große Bewegungen der Solidarität. Nicht ahnend, dass eineinhalb Monate später neue existenzielle Rufe nach Solidarität aus allen gesellschaftlichen Sphären die Bundesrepublik, Europa und globale Beziehungen bestimmen würden – als akute „call for actions“. Das Solidaritätslied von Bertolt Brecht und Hanns Eisler, das wir schief und lustig sangen, wird heute wieder zur erschütternden Maxime.

Wir stellen fest: Der persönliche aktive Einsatz für die eigenen Rechte ist Teil der dramaturgischen Eigenverantwortung und der Verantwortung für andere Künstler*innen. Wenn Selbstsorge Selbstbefragung heißt, fangen wir jetzt an: Wie wichtig nehmen wir unsere eigenen Positionen am Theater? Wie selbstbewusst vertreten wir eigene Interessen? Was können wir abgeben? Wie stark setzen wir uns für die Interessen anderer Künstler*innen ein?

Nehmen wir die akute Zäsur für das künstlerische und soziale Miteinander als solche wahr und machen ernst mit dem Wandel! Überprüfen wir unsere Maßstäbe für gemeinsames Arbeiten und für den Wert von Theaterarbeit! Nehmen wir uns Zeit für Assistent*innen, bezahlen wir alle Hospitant*innen, fordern wir fairen Lohn für alle Theaterschaffenden entsprechend ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Qualifikation! Sprechen wir von unseren Rechten, klären wir Kolleg*innen und andere Künstler*innen darüber auf und fordern wir sie gemeinsam ein. Werden wir nicht müde zu streiten! Bleiben wir wachsam gegenüber neoliberalen Optimierungsprozessen – genauso wie gegenüber der Konservierung überkommener Hierarchien! Lernen wir endlich, gewaltfrei zu kommunizieren! Blicken wir zurück auf wertvolle künstlerische Begegnungen und setzen wir uns für diejenigen ein, die nicht nur nach vorne, sondern auch zur Seite, in die Nische oder über den Horizont blicken! Kämpfen wir für Theater als Orte, die Teilhabe als Menschenrecht für alle Bürger*innen verwirklichen wollen. Denn Solidarität bedeutet für uns vor allem: verbindlich sein, sich verbinden und verbunden bleiben.

Fangen wir damit auf den kleinsten Ebenen unserer Abteilungen und Arbeitsbeziehungen an. Jetzt.

„Vorwärts und nicht vergessen
Und die Frage korrekt gestellt
Beim Hungern und beim Essen:
Wessen Morgen ist der Morgen?
Wessen Welt ist die Welt?“

Das dramaturgie-netzwerk stärkt im ensemble-netzwerk die dramaturgische Perspektive: https://ensemble-netzwerk.de/drnw/